Kassel (kobinet) Gerade vor Ort führt fehlende Barrierefreiheit zu Nachteilen und Gefahren, vor allem, wenn es um fehlende Fußgängerameln geht. Deshalb haten Aktive aus Kassel heute eine kleine Aktion durchgeführt. Anlässlich des Starts der Bauarbeiten für die Einrichtung einer Fußgängerampel an der Straßenbahnhaltestelle Friedenskirche in Kassel haben behinderte Menschen vom Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab) heute am 30. November den Bauarbeitern und dem Ortsvorsteher des Stadtteils Vorderer Westen zum Dank und als Rückenwind für die einige Wochen dauernde Baumaßnahme symbolisch Merci- und Celebrations-Packungen übergeben.
Dieser Dank wurde auch an die vielen Akteur*innen gerichtet, die sich seit Jahren für den nun bald barrierefreien und sicheren Fußgängerüberweg eingesetzt haben, wie zum Beispiel an den Magistrat der Stadt Kassel, die Stadtverordneten, die Mitglieder des Ortsbeirats und vor allem auch an den Behindertenbeirat der Stadt Kassel, der sich unermüdlich für diese Baumaßnahme stark gemacht hat.
"Für diesen sicheren und barrierefreien Fußgängerüberweg haben sich viele behinderte Menschen seit Jahren eingesetzt, weil an dieser Stelle viele behinderte Menschen die Straße und die Schienen queren müssen. Denn ganz in der Nähe befindet sich das Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen in der Samuel-Beckett-Anlage 6, wo viele behinderte Menschen arbeiten und viele Veranstaltungen und Beratungen für diesen Personenkreis angeboten werden“, betonte Birgit Schopmans vom Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab) bei der Übergabe einer Merci-Packung an die Bauarbeiter.
Birgit Schopmans ist selbst blind und muss fast täglich die Straße an der Haltestelle Friedenskirche queren, genauso wie ihre Kollegin Katharina Thielmann, die einen Rollstuhl nutzt.
"Eine Gefahrenquelle weniger", freut sich Helmut Ernst, der Vorsitzende des Behindertenbeirats der Stadt Kassel. Die Friedrich-Ebert-Straße sei in Höhe der Haltestelle Friedenskirche von Menschen mit Behinderung nur sehr schwierig zu queren: "Blinde und sehbehinderte Menschen können nicht oder nur sehr schwer ein heranfahrendes Auto hören, wenn gleichzeitig auch noch Straßenbahnen fahren. Außerdem haben Rollstuhlfahrer, Menschen mit Rollatoren und Eltern mit Kinderwagen immer die Angst, dass sie nicht schnell genug über die Straße kommen, weil sie mit den Rädern in den Schienen hängen bleiben könnten. Da vermittelt eine Ampel die erforderliche Sicherheit."
Kassels Verkehrsdezernent Dirk Stochla macht auf die Komplexität des Projekts aufmerksam: "Auch vermeintlich einfache Bauprojekte bergen manchmal ihre Tücken in sich. Hier am Karl-Marx-Platz verlaufen viele Leitungen im Untergrund. Es ist deshalb bautechnisch anspruchsvoll, die neuen Fundamente für die Ampelmasten unterzubringen. Wir hoffen, dass uns die Wetterlage dabei hilft, bis wir mit dem Tiefbau fertig sind." Er sei froh, dass die aus Perspektive der Barrierefreiheit wichtige Querungshilfe jetzt verwirklicht werden kann.
Kassels Bürgermeisterin und Sozialdezernentin Ilona Friedrich hatte sich beim Hessischen Ministerium für Soziales und Integration für dieses Vorhaben eingesetzt und freut sich, dass das Land die Baumaßnahme mit 78.000 Euro unterstützt: "Es ist mir sehr wichtig, dass alle Bürgerinnen und Bürger sicher über unsere Straßen kommen. Gerade die Verkehrssituation am Karl-Marx-Platz ist für Menschen mit Beeinträchtigung nicht leicht einzuordnen, deshalb freue ich mich, dass hier eine Fußgängerampel mit taktilem und akustischem Leitsystem gebaut wird. Für mich ist es auch Ansporn, den Weg zu einem inklusiven Gemeinwesen konsequent fortzusetzen und so einen weiteren Schritt in Richtung Barrierefreiheit zu gehen."
kobinet-nachrichten, 30. November 2020