Behinderte fordern Umbau der Kreuzung mit ebenerdigen Überwegen
nach den Plänen der Stadt
Von Ellen Schwaab
Kassel. Etwa 40 Menschen haben gestern Mittag am Altmarkt
für den barrierefreien Umbau der Kreuzung demonstriert. „Weg mit
den Treppen“, „Barrierefreiheit ist Menschenrecht“ und „Gleiche
Rechte für alle“ war auf den Transparenten zu lesen. Der Verein
zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab) und der Kasseler Behindertenbeirat
hatten anlässlich des Welttages der Menschen mit Behinderung zu der Protestkundgebung
aufgerufen.
Nach der Weigerung des Landes, einen Großteil der Kosten für den
1,9 Millionen Euro teuren Umbau der Kreuzung zu übernehmen, liegen die
Pläne auf Eis. Die Stadt wollte die nicht behindertengerechten Fußgänger-Unterführungen
am Altmarkt schließen und ebenerdige Überwege schaffen. Für
den Umbau waren 1,4 Millionen Euro vom Land erwartet worden.
Dass Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen die Kreuzung nicht selbstständig
überqueren könnten, sie ein Skandal, der abgeschafft werden müsse,
sagte fab-Vorstandsmitglied und Landtagsabgeordneter Dr. Andreas Jürgens
(Grüne). Man werde mit Nachdruck dafür sorgen, dass die Kreuzung
barrierefrei umgebaut werde. „Wir wollen nichts anderes als unser gutes
Recht“, sagte Jürgens. „Wir stehen hier nicht als Bittsteller.“
Wie ernst es die Verantwortlichen mit dem Recht aller auf Teilhabe am öffentlichen
Leben nähmen, zeige sich dann, wenn damit Kosten und Mühen verbunden
seien. Mit seiner Weigerung, den Umbau finanziell zu fördern, sorge das
Land dafür, dass eine für behinderte Menschen diskriminierende Situation
erhalten bleibe. „Die Entscheidung macht aus uns Verkehrsbehinderte“,
sagt Jürgens, der selbst im Rollstuhl sitzt.
Der Vorsitzende des Kasseler Behindertenbeirats, Helmut Ernst, sprach von
einer Farce. Es nutze wenig, wenn das neue Finanzzentrum am Altmarkt barrierefrei
sei, die Menschen aber nicht allein über die Kreuzung kämen. In
Kassel gebe es 50 000 Menschen mit Behinderung, die meisten seien in ihrer
Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Es könne nicht sein, so Ernst,
dass die Vorgaben des Gleichstellungsgesetzes nicht beachtet würden.
Man fordere den Umbau der Kreuzung wie von der Stadt geplant. „Da ist
keine Zeit zu verlieren.“
Unterstützt wurden die Behindertenverbände in ihrem Protest von
Kommunalpolitikern aus den Reihen von SPD und Grünen. „Wir stehen
zu diesem Umbau“, sagte Wolfgang Decker (SPD). Gernot Rönz (Grüne)
verwies auf den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, wonach alle Fußgängertunnel
in der Stadt zugemacht werden sollen. Unterführungen seien immer ein
Ort der Angst sowie eine Barriere für Radfahrer und Behinderte, so Rönz.
Quelle: HNA, 04.12.2008