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Grafik: Presse Es blitzt nur kurz und schwach

Praxistest der neuen behindertengerechten Fußgängerampel über die Frommershäuser Straße in Vellmar

VELLMAR. Mit kurzen Schritten tastet sich Birgit Riester vorsichtig voran. Im Halbkreis rollt die Kugel am Ende des Stabs in ihrer Hand vor ihr hin und her. Längs geriffelte, weiße Pflastersteine sollen Birgit Riester den Weg zur Fußgängerampel weisen. Doch meist gleitet die Kugel über die Rillen hinweg.
Birgit Riester ist blind und engagiert sich im Vorstand des Kasseler Vereins zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab). Gehör und Tastsinn müssen ihre Augen ersetzen. Für unsere Zeitung hat Birgit Riester die neue behindertengerechte Ampel an der Frommershäuser Straße in Vellmar ausprobiert. Ihr Testurteil fällt gemischt aus.
„Man muss sich ganz schön konzentrieren", sagt Birgit Riester, als die Halbkreise ihres Blindenstabs die Ampel kreuzen. Sie bleibt stehen. Ihre Hand sucht nach dem gelben Knopf. Sie drückt. „Signal kommt", leuchtet in roter Schrift in dem Knopf. Ihre Finger tasten auf der Oberseite des Knopfs herum. Was den wenigsten Sehenden auffallen dürfte, gibt Birgit Riester die Richtung vor: Ein kleines schwarzes Plastikdreieck, dessen Spitze zur Straße zeigt.
Langsam fahren zwei Autos an den Haltebalken heran und halten. Das grüne Männchen leuchtet auf, gleichzeitig ertönt ein regelmäßiger Piepton. „Prima, ein akustisches Signal", sagt Birgit Riester. „Das hört man gut.

Die Kugel am Blindenstab tastet vor der Ampel hin und her: Glatter Asphalt, kein Widerstand. Birgit Riester driftet leicht nach rechts, als sie über die Straße geht. Die Kugel an ihrem Stab trifft auf den Bordstein. Doch der Gehweg liegt links daneben.
Hätte Birgit Riester die Straße gerade überquert, wäre die Kugel nicht am Bordstein hängen geblieben. Vor der Ampel geht die Straße auf beiden Seiten mit längs geriffelten, abgesenkten Bordsteinen in den Gehweg über - ohne Hürden. Was für Rollstuhlfahrer ein Segen ist, stellt Blinde vor eine große Herausforderung.
„Die Rillen auf dem Bordstein sind fast gar nicht zu spüren", sagt Birgit Riester. Zusätzlich schwierig wird es, wenn in der Umgebung ebenfalls Steine mit Struktur liegen. „Eine Unebenheit im Boden kann alles Mögliche sein", sagt Birgit Riester. Für sie fühlen sich Kanaldeckel fast genau so an wie Rillen oder Noppen auf dem Boden.
„Wie ein kurzer, nicht ganz so heller Blitz." So beschreibt Birgit Riester den abgesenkten Bordstein mit längs geriffelter Oberfläche für Sehende. Gleitet die Kugel ihres Blindenstabs nur wenige Millimeter zu hoch über dem Boden, hat Birgit Riester keine Chance, den Blitz zu sehen.


Quelle: HNA vom 21.12.2006