HNA, 22.05.04

Grafik: Presse Was heißt es, plötzlich behindert zu sein?

fab e.V. bietet Rat und Hilfen

Frau K. ist 38 Jahre alt und hatte vor vier Jahren einen Unfall. Seitdem ist sie querschnittsgelähmt und benutzt einen Rollstuhl.

Für sie, wie für viele andere, war es sehr schwer, die Situation, „plötzlich behindert zu sein“, zu akzeptieren. Nach der medizinischen Reha war für sie die Beratung durch eine selbst behinderte Sozialpädagogin sehr hilfreich. „Ich habe mich bei ihr gleich verstanden gefühlt,“ so Frau K., „da die Beraterin aus eigener Erfahrung das Gefühl der „Wertlosigkeit“ kennt und weil sie weiß wie es ist, wenn man mit dem „Mitleid“ der anderen konfrontiert wird...“ Auch hat es ihr Mut gemacht, dass sie mit einer Beraterin zu tun hatte, die trotz Handicap eine interessante Arbeit, ein Kind, viele Interessen hat und durch ihr eigenes Beispiel eine positive Lebenseinstellung vermitteln konnte.

Die am Beispiel von Frau K. beschriebene Beratung nennt sich „Peer Counseling“, Behinderte beraten Behinderte. Was z.B. im Rahmen der Frauenbewegung inzwischen selbstverständlich ist, nämlich Angebote von Frauen für Frauen, hat sich in den letzten Jahren auch immer mehr im Rahmen der Selbsthilfe behinderter Menschen entwickelt, nämlich behinderte Menschen als Expertinnen und Experten in eigener Sache einzusetzen. So auch in Kassel. Seit 1987 gibt es hier den fab e. V., ein von behinderten Menschen gegründeter Selbsthilfeverein, der u.a. Beratung von Behinderten für Behinderte anbietet.

Eine Besonderheit ist zudem, dass Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen oder chronischen Erkrankungen dieses Angebot wahrnehmen können. Dies stellt einen Gegenpol zu vielen Anlaufstellen, die sich auf einzelne Behinderungsformen oder Erkrankungen spezialisiert haben, dar. „Die Palette der Ratsuchenden reicht von Menschen, die einen Schlaganfall hatten, durch Bandscheibenvorfälle Rückenbeschwerden haben, im Laufe des Lebens Seh- oder Hörprobleme bekommen bis hin zu Menschen mit Lernschwierigkeiten oder psychischen Erkrankungen.“, so eine Mitarbeiterin des Selbsthilfevereins.

Neben der persönlichen Auseinandersetzung mit einer Behinderung bietet die Peer-Counseling-Beratung des fab e.V. Unterstützung bei den unterschiedlichsten Sachfragen, wie z.B. Hilfsmittel, Persönliche Assistenz, Nachteilsausgleiche im Arbeitsleben sowie zu Fragen des Schwerbehindertenausweises, z.B. nach KFZ-Steuerbefreiung oder Freifahrt im Öffentlichen Personennahverkehr. So hatte auch Frau K. viele Fragen und Unterstützungsbedarf, z.B. bei der Suche nach einer rollstuhlzugänglichen Wohnung. Zwar konnte sie ihre berufliche Tätigkeit als Sekretärin weiter ausüben, musste jedoch u.a. für den Weg zur Arbeit ihr Auto behindertengerecht umrüsten lassen, und im privaten Bereich stellte sich die Frage nach personellen Hilfen im Alltag im Rahmen der Pflegeversicherung. Neben der Einzelberatung besucht Frau K. auch die Freizeitangebote des fab e.V., wie z.B. ein Frühstückstreff oder die Gesprächsgruppe „Selbstbestimmt Leben“, da ihr auch der Austausch mit anderen behinderten Menschen sehr wichtig geworden ist!