Behinderte können sich von 2008 an Geld für Hilfsmittel oder Pflege
als „persönliches Budget“ auszahlen lassen. Pandelis Chatzievgenio
vom Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab) forderte auf
einer Tagung in Kassel Nachbesserungen.
Das persönliche Budget wird derzeit in 14 Modellregionen, darunter
die Landkreise Marburg-Biedenkopf und Groß-Gerau, getestet. Wo liegen
die Vorteile?
Das Budget bietet den behinderten Menschen Wahlfreiheit. Sie können selbst
entscheiden, wo sie welche Leistungen einkaufen. Beim betreuen Wohnen etwa,
wurde bisher der Behinderte je nach Art seiner Behinderung einem bestimmten
Träger zugewiesen, der auch nur ein bestimmter Träger zugewiesen,
der auch nur eine bestimmte Zahl von Plätzen hatte. Zukünftig sucht
sich der behinderte den Träger aus. Ein anderes Beispiel ist die Reparatur
von Rollstühlen:
Bislang bekam man ein Rezept und ging zum Sanitätshaus. In Zukunft kann
man überlegen, kleinere Arbeiten einfach im Fahrrad-Geschäft machen
zu lassen.
Wie waren die Erfahrungen in der Modellphase?
Die behinderten Menschen, die mitgemacht haben, haben tatsächlich Selbstbestimmung
erfahren, die wollen nicht mehr zurück zur Sachleistung. Aber es gibt
noch Hemmnisse. Zum einen sind die Leistungsträger - also Pflegekassen
und andere – nicht gewohnt, Leuten Geld in die Hand zu geben. Manche
kannten die neue Möglichkeit des persönlichen Budgets gar nicht
oder haben sich geweigert, dieses zu bewilligen. Zum anderen ist der Bereich
der ambulanten Leistungen noch wenig ausgebaut. Denn bisher floss der größte
Teil der Behindertenhilfe in stationäre Einrichtungen. Im Jahr 2002 zu
93%. Darum fordern wir einen Baustopp für Heime und stattdessen Investition
in ambulante Angebote. Nur dann macht das Budget Sinn.
Wo muss die Budgetverordnung nachgebessert werden?
Es ist vorgesehen, die sogenannten Pflegesachleistungen in Form von Gutscheinen
zu gewähren, die nur bei anerkannten Diensten eingelöst werden können.
Wer dagegen selbst eine Hilfsperson einstellen will, bekommt nur das niedrigere
Pflegegeld. Wir fordern deshalb, auch die Pflegesachleistungen als Geld auszuzahlen.
Außerdem stellen wir gerade bei geistig behinderten Menschen einen hohen
Beratungsbedarf beim Umgang mit dem persönlichen Budget fest. Bisher
mussten diese Beratungen aus dem Budget bezahlt werden. Wir wollen, dass der
behinderte hierfür zusätzlich das Geld erhält oder dass die
Beratungsstellen finanziert werden.
Interview: Gabriele Sümer
Quelle: Frankfurter Rundschau vom 25. Januar 2007