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Grafik: Presse Blinde wünschen sich eine Ampel an Friedrich-Ebert-Straße

Vorderer Westen. Der Karl-Marx-Platz an der Friedenskirche hat es für Fußgänger, die hier die Straße queren möchten, in sich. Wenn die Passanten zudem sehbehindert oder blind sind, wird die Ausfallstraße zum schier unüberwindlichen Hindernis.

Die Friedrich-Ebert-Straße macht an dieser Stelle eine unübersichtliche Biegung. Die Tram-Warteinsel für den stadtauswärtigen Verkehr ist von der Elfbuchenstraße und der Ebert-Straße regelrecht eingekreist. Auch auf der gegenüberliegenden Seite, wo es zur Olgastraße geht, herrschen von allen Seiten reger Straßen- und Park-Such-Verkehr. Sich hier akustisch zu orientieren, ist nahezu unmöglich. Und schließlich birgt auch das schön anzusehende Straßenpflaster mit den Straßenbahnschienen Stolperfallen und erhöht die Geräuschkulisse, sodass eine Orientieren nach Gehör schwer ist. Was den blinden Menschen an dieser Stelle helfen würde, zur Haltestelle zu gelangen oder die Straße zu überqueren, wäre ein Überweg. Doch den gibt es weit und breit nicht.

„2008 wurde der bestehende Zebrastreifen im Bereich der Haltestelle Friedenskirche ersatzlos entfernt, da aufgrund einer rechtlichen Vorschrift Zebrastreifen nicht über Schienen führen dürfen“, sagt Helmut Ernst, der Vorsitzende des Behindertenbeirats der Stadt Kassel. Seitdem gibt es auf der Ebert-Straße zwischen Bebelplatz und Querallee keine gesicherte Querungsmöglichkeit mehr.

In vielen Gesprächen hat der Behindertenbeirat versucht, diese „unakzeptable Gefahrensituation zu beseitigen“, sagt Ernst. Vergeblich.

Fachausschuss war dafür

Im Jahr 2013 brachte der Behindertenbeirat einen Antrag in die Stadtverordnetenversammlung ein mit dem Ziel, den Magistrat aufzufordern, für eine gesicherte Querungsmöglichkeit im Bereich der Haltestelle zu sorgen. Der zuständige Fachausschuss sprach sich Ende 2013 einstimmig für eine solche sichere Querungsmöglichkeit aus.

Doch im Mai 2014 teilte Stadtbaurat Christof Nolda (Grüne) mit, dass man nach Prüfung der Situation zu der Meinung gekommen sei, dass die Notwendigkeit für eine Ampel „nicht gesehen“ werde.

Das können die Blinden nicht nachvollziehen. „Die Verkehrssituation ist für uns beängstigend“, sagt Birgit Schopmans: „Es sind ja nicht nur die Autos, auch die Trams fahren sehr schnell.“ Birgit Schopmans ist eine Mitarbeiterin des Vereins zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab), der seinen Sitz in der am Karl-Marx-Platz angrenzenden Samuel-Beckett-Anlage hat. Acht hauptamtliche Mitarbeiter von fab seien blind und damit täglich unmittelbar betroffen, sagt Schopmans.

In den Räumen des fab treffen sich zudem viele betroffene Gruppen, unter anderem die sehbehinderten und blinden Tischballspieler. Rund um Karl-Marx- und Bebelplatz befänden sich Restaurants und Geschäfte wie ein Hersteller von Glasaugen, die häufig frequentiert würden. Auch Menschen mit einer Gehbehinderung wünschten sich am Karl-Marx-Platz einen Überweg, sagt Ernst.

HNA, 28.12.15