Rückblick
Bewegte Zeiten – über 35 Jahre fab e. V.
In den 80er Jahren gab es in Deutschland eine Aufbruchsstimmung bezüglich
der Rechte behinderter Menschen. Es entstanden zahlreiche Selbsthilfeinitiativen,
so auch in Kassel. Ich war als frisch gebackene Studentin mit einer Sehbehinderung
mit großer Begeisterung dabei, als wir 1987 den fab e.V. – Verein
zur Förderung der Autonomie Behinderter – gründeten (unter
anderen zusammen mit Richard Pinks). Wir wollten weg von Bevormundung, Aussonderung
und dem Mitleidsdenken gegenüber Menschen mit Behinderung. Unser frisch
gegründeter Selbsthilfeverein sollte sich von der traditionellen Behindertenarbeit
unterscheiden, indem wir – als Expert*innen in eigener Sache –
andere behinderte Menschen unterstützen. Unabhängig von Art und
Schwere einer Behinderung wollten wir Alternativen zu Sondereinrichtungen
anbieten. So entwickelte der fab e.V. unterschiedliche Angebote im ambulanten
Bereich. 1988 wurde unsere erste behinderte Mitarbeiterin eingestellt - ein
Schreibtisch im Kopierraum des Gesundheitsamtes war zunächst ihr Arbeitsplatz.
Den ersten eigenen Büroraum mieteten wir in der Weinbergstraße.
Dort fanden auch wöchentliche Treffen des Vereins statt, die zumeist
in einer netten Kasseler Lokalität endeten. Gerade dort entstanden einige
unserer besten Projektideen. Anfang der 90er Jahre bauten wir zusätzlich
zum Ambulanten Hilfsdienst die Beratungsstelle nach dem Prinzip des Peer-Counceling
(Behinderte beraten Behinderte) auf. Die Bereiche des fab e. V. wurden ausgebaut,
der Ambulante Hilfsdienst (heute: Assistenzdienst) expandierte und es entstanden
weitere Projekte. Somit gab es immer wieder Raumnot, waren wir gerade umgezogen,
musste bald schon wieder ein neues Domizil gesucht werden, so kam es uns zumindest
vor. Inzwischen fühlen wir uns angekommen, in den eigenen Räumlichkeiten
der Samuel-Beckett-Anlage 6, die wir 2013 bezogen. Da der fab e.V. selbst
gebaut hat, konnten wir dabei die Barrierefreiheit von vorne herein gut berücksichtigen.
Über 35 Jahre entwickelte sich der fab e.V. von einer kleinen Gruppe
idealistischer und engagierter behinderter Menschen zu einem mittelständischen
Unternehmen mit ca. 600 Mitarbeitenden in der Persönlichen Assistenz,
der Sozialarbeit und der Verwaltung. Dazu kommen etwa 15 ehrenamtlich engagierte
Menschen mit und ohne Behinderung, die überwiegend in Eigenregie die
inklusiven Freizeit- und Gruppenangebote des Vereins organisieren. Als Gründungsmitglied
und langjährige Mitarbeiterin bin ich stolz darauf, dass trotz des großen
Wachstums und vieler Menschen, die in den letzten Jahren neu dazugekommen
sind, immer noch die gleiche Grundhaltung des Selbstbestimmten Lebens alle
verbindet und unser Handeln bestimmt.
Birgit Schopmans