KASSEL. Es gilt ein grundsätzliches Verständnis
dafür zu finden, dass Menschen mit Behinderung nicht ständig mit
Defiziten gleichgesetzt werden möchten, sondern vielmehr mit ihren Kompetenzen
und Fähigkeiten wie jeder andere auch. Was bedeutet es behindert oder
chronisch krank zu sein? Wie beeinflusst diese Situation meinen Alltag? Wie
kann ich mit meiner Behinderung leben? Welche Hilfsmittel benötige ich?
Seit langem betrachten es soziale Einrichtungen als ihre Aufgabe, Menschen
mit einer Behinderung zu beraten, fördern und zu begleiten. Mittlerweile
ist die Landschaft der Einrichtungen und Konzepte der Behindertenhilfe breit
gefächert. Und das Grundgesetz (Art. 3) stellt eindeutig klar: „
Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." Doch nicht
erst dieses Gesetzt sollte uns Benachteiligungen verbieten, sondern viel mehr
unser gesunder Menschenverstand und unsere Humanität. Auch in Kassel
gibt es Einrichtungen die hilfebedürftigen Menschen das Leben erleichtern
und sie fester in die Gesellschaft integrieren sollen.
Gerald Reißmann, Geschäftsführer der Sozialgruppe Kassel e.V.:
„Unsere Gesellschaft ist so stark wie ihr Umgang mit Anderen. Die Sozialgruppe
Kassel e.V. fühlt sich gerade jenen Menschen verpflichtet, die oft vorschnell
als schwach eingestuft werden, deren Stärken nicht erkannt und deren
Potenziale und Kompetenzen die vermeintlich Starken überraschen würden
- nähmen sie sich die Zeit, sie zu sehen."
Wolfgang H. Jaensch, Geschäftsführer Integra & Baunataler Integrationsbetriebe:
„Schwerbehinderte Menschen sind ein ganz normaler Bestandteil unserer
Gesellschaft und möchten ebenso normal behandelt werden. Dies ist leider
oft nicht der Fall, ganz besondere Probleme gibt es bei der Arbeitssuche.
Wir sind oft die letzte Hoffnung auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Unsere Mitarbeiter beweisen uns ständig, daß Sie auch trotz Behinderung
hundertprozentige Arbeit leisten können."
Der Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter ist ebenfalls eine
solche Anlaufstelle. Hier beraten Behinderte Behinderte. Herr Pandelis Chatzievgeniou,
Mitarbeiter der fab e.V. stellte sich die Frage ab wann ein Mensch behindert
ist : „Behindert ist man nicht, behindert wird man durch Barrieren im
baulichen und Verkehrsbereich aber vor allem in den Köpfen der Menschen!
Das fängt bei einem Rollstuhlfahrer an wo Hindernisse, wie Stufen zu
überwinden sind. Bei einem Blinden, wo er Texte in Schwarzschrift bekommt.
Bei einem Menschen mit Lernschwierigkeiten dann, wenn er in schwerer Sprache
geschriebene Texte bekommt."
Barrierefreiheit
Die Zahl der Behinderten in Deutschland lässt sich nicht genau erheben.
Statistisch erfasst sind lediglich Schwerbehinderte die einen Schwerbehindertenausweis
besitzen. Leider ist trotz einer recht hohen Anzahl Betroffener die Freiheit
durch alltägliche Hindernisse stark eingeschränkt. Wie kann ich
eine öffentliche Toilette, ohne ausreichende Zugangsmöglichkeit
benutzen? Bietet meine Schule, der Kindergarten oder andere Bildungsstätten
die Freiheit sich uneingeschränkt am alltäglichen Leben zu beteiligen?
Die sind Eindeutige Gründe, um nach Antworten zu suchen. Ein erfolgreicher
Ansatz kommt von zahlreichen Ärzten, die bundesweit mehr als 25.000 Praxen
Rollstuhl- und Behindertengerecht ausbauten. Die Stadt Kassel und die Universität
KS zeigen ebenfalls Engagement und machen neben einer barrierefreien Uni und
dem ersten Stadtführer „Barrierefrei in Kassel“ für
behinderten gerechte Gebäude und Einrichtungen einen großen Schritt
in die richtige Richtung. Andrea Braun, Uni Kassel " (...) Offiziell
bin ich Behindertenbeauftragte für behinderte und chronisch kranke Studierende
und das zeigt deutlich, das der Personenkreis nicht nur die „sichtbar"-behinderten
Studierenden, also Mobilitäts- oder Sinnesbehinderte umfasst sondern
auch z.B. den studierenden Dialysepatienten einschließt (...)"
Von heute auf morgen:
Wie schwer ist es zu akzeptieren plötzlich "behindert zu sein"?
Wie kann ich mit der Tatsache leben von heute auf morgen nicht mehr laufen, hören oder sehen zu können? Genau dieses Schicksal kann jeden von uns treffen, ein unachtsamer Moment im Strassenverkehr oder Sportunfälle sind häufig die Ursache plötzlicher Einschränkungen. Machen wir uns also klar, dass neben der medizinischen Hilfe das gesellschaftliche Engagement mindestens genau so wichtig ist und fragen selbst einmal was es bedeutet von heute auf morgen behindert zu sein und auf welche Hilfe Ich angewiesen wäre?
Quelle: FRIZZ im April 2006