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Grafik: Presse Eine Chance für Alternativen

Seit 1. Juli 2004 ist die Budgetverordnung zum trägerübergreifenden Persönlichen Budget nach § 17 SGB IX in Kraft getreten. Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL e.V.) hat ziemlich schnell Alternativen und neue Chancen zur herkömmlichen Leistungserbringung entdeckt, die bisher stark an den Interessen der Leistungserbringer orientiert war. Das Persönliche Budget ermöglicht eine bedarfsdeckende und an den Bedürfnissen behinderter Menschen orientierte Leistungserbringung. So hat die ISL das Forum Persönliches Budget gegründet, in dem behinderte Berater und Leistungsträger sich regelmäßig austauschen. Wir haben mehrere Schulungen für behinderte Berater und Mitarbeiter von Leistungserbringern und Leistungsträgern durchgeführt, die sehr rege angenommen wurden.
Zur Zeit arbeiten wir zusätzlich in dem von der Europäischen Union und dem Bundesministerium für Arbeit und soziale Sicherung geförderten Equalprojekt „Open Paths" an der Schaffung von alternativen Berufswegen zur herkömmlichen Beschäftigung von Menschen mit Behinderung. Insbesondere der Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab e.V.) in Kassel bietet im Rahmen seines Projekts „Selbstbestimmung mit einem Persönlichen Budget" Schulungen für Leistungsträger, Leistungserbringer und behinderte Menschen zum Persönlichen Budget an. Außerdem wird in diesem Rahmen Budgetberatung und Unterstützung für Budgetnehmer angeboten.
Mit Hilfe des Persönlichen Budgets möchten wir behinderten Menschen auch eine alternative Möglichkeit zur Beschäftigung außerhalb einer Werkstatt anbieten.
Bisher war es üblich, daß behinderte Menschen, wenn sie innerhalb einer Werkstatt beschäftigt wurden, alle Unterstützungsmöglichkeiten bekamen, die für sie notwendig sind. Diese Unterstützung bekamen sie nicht mehr, wenn sie einer Beschäftigung außerhalb einer Werkstatt, z. B. innerhalb eines Außenarbeitsplatzes, nachgingen. So haben z. B. Menschen mit Lernschwierigkeiten (sogenannte geistig behinderte Menschen), die eine zusätzliche Körperbehinderung haben, einen Bedarf an Unterstützung am Arbeitsplatz. Einen Anspruch auf Arbeitsassistenz haben diese Menschen nicht, weil sie ja alle Leistungen von der Werkstatt bekommen sollen.
Nun ist es behinderten Menschen möglich, Leistungen, die an eine Werkstatt bezahlt werden, in ein Persönliches Budget umzuwandeln, um somit ihren Unterstützungsbedarf am Außenarbeitsplatz bezahlen zu können. Wir sind dabei, in den nächsten zwei Jahren solche Beschäftigungsmöglichkeiten auszuprobieren, um sehen zu können, inwieweit solche Budgets bedarfsgerecht organisiert werden können. Sollen diese Budgets jedoch erfolgreich eingesetzt werden, benötigen insbesondere Menschen mit Lernschwierigkeiten Beratung und Unterstützung, damit sie ein Persönliches Budget sinnvoll einsetzen können.
Der Gesetzgeber hat Beratung und Unterstützung sowohl im § 17 SGB IX als auch in der Budgetverordnung vorgesehen. So soll bei Bemessung eines Persönlichen Budgets auch der Beratungs- und Unterstützungsbedarf geprüft werden. Die Beratung umfaßt dabei insbesondere die Beratung bei der Antragstellung, der Bemessung des eigenen Bedarfs und das Abschließen einer Zielvereinbarung. Budgetunterstützung ist eine begleitende Maßnahme, die nach der Bewilligung eines Budgets vorübergehend oder dauerhaft notwendig sein kann. Sie beinhaltet sowohl die Budgetverwaltung, als auch die Unterstützung beim Einsatz des Persönlichen Budgets. Es handelt sich dabei um eine Leistung, die mit der Persönlichen Assistenz vergleichbar ist, jedoch zusätzlich pädagogische Elemente enthält.
Unserer Ansicht nach kann so eine Budgetunterstützung nicht aus dem Persönlichen Budget finanziert werden, welches für die Leistungen vorgesehen ist. Hierfür müssen vielmehr zusätzliche Mittel in das Budget einfließen.
Über diese Fragen sind wir natürlich auch an einem Austausch mit der BAG:WfbM interessiert. Denn die genannten Punkte können wir nur im Rahmen einer Zusammenarbeit lösen.


Quelle: WERKSTATT: DIALOG 4.2006