HNA, Kassel 07.05.02

Grafik: Presse Kassel barrierefrei gestalten

Behinderte protestierten gegen Diskriminierung und Hindernisse

KASSEL. "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden", heißt es in Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. Dass die Realität oft ganz anders aussieht, zeigte ein breites Bündnis von Kasseler Behindertenorganisationen mit einem "Demonstrativen Stadtrundgang" durch die Innenstadt. Die Aktion, die im Rahmen des europäischen Protesttags zur Gleichstellung Behinderter stattfand, wies auf positive wie negative Beispiele bezüglich der behindertengerechten Gestaltung der Stadt hin.

In Kassel sei laut Michael Spörke vom Kasseler Behindertenbeirat das Einkaufszentrum City-Point beispielhaft. Dort seien die Vorschläge der Behinderten vollständig umgesetzt worden. Problematisch seien andererseits die Bahnhaltestellen am Friedrichsplatz und am Rathaus. Schlecht sei außerdem die Stufe am Eingang des Cafes "Alex im Paulus".

"Es hat sich schon einiges getan", sagt Ottmar Miles-Paul, der Vorsitzende des Vereins zur Förderung Behinderter (fab e.V.). Es gebe Beschlüsse, die den Alltag Behinderter verbessern sollen. Am 1. Mai trat das Bundesgleichstellungsgesetz für Behinderte in Kraft. Außerdem habe die Stadt Kassel entschieden, die Stadt barrierefreier zu gestalten. Auf diesen Beschlüssen müsse man jetzt aufbauen, so Miles-Paul. Das Problem sei allerdings die Finanzierung.

Neben der Durchsetzung des Beschlusses des Bundestags fordern die Behinderten noch weitere Gesetze. Vor allem auf kommunaler und landespolitischer Ebene würden Regelungen fehlen. Das Land Hessen wird aufgefordert, dem Beispiel Berlins und Sachsen-Anhalts zu folgen und ein Landesgleichstellungsgesetz zu verabschieden. Außerdem müsse das bereits angedachte zivilrechtliche Antidiskriminierungsgesetz im Bundeskabinett durchgesetzt werden. Dieses Gesetz richtet sich gegen Nachteile von Minderheitengruppen beim Abschluss von Verträgen.

Zum Abschluss der Protestaktion fand eine Kundgebung statt, bei der die amerikanische Behindertenrechtlerin Marilyn Golden sprach und die Situation der Behinderten in den Vereinigten Staaten beschrieb. Dort sei die Lage erheblich besser. Beschlüsse wie das Bundesgleichstellungsgesetz und das Antidiskriminierungsgesetz seien dort schon seit 30 Jahren in Kraft.

"Behindert ist man nicht, behindert wird man", sind sich die Protestierenden einig. Barrieren, die so behindern, sind vielfältig. Behindertenhunde werden in öffentlichen Gebäuden verboten, Rampen fehlen, Wahllokale und öffentliche Verkehrsmittel sind schlecht zugängig. Deshalb haben die Behinderten für die "Aktion Grundgesetz" das Motto "Gleichstellung ... aber richtig!" gewählt. (PWK)