Kassel (kobinet) „Mühlen mahlen in der Politik meist sehr langsam“, heißt es oft sehr zutreffend. Das dies nicht immer so sein muss, zeigt ein aktuelles Beispiel in Kassel. Am 7. Juni 2021 hatten Selbstvertretungsorganisationen wie der Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab) und der Verein Selbstbestimmt leben in Nordhessen (SliN) mit einer Aktion auf die schlechte Sichtbarkeit und die Gefahren vieler meist grauer Poller für sehbehinderte Menschen aufmerksam gemacht, indem sie den Pollern gestrickte rot-weiße Pudelmützen aufsetzten. Am 8. November – also gerade einmal fünf Monate später – hat die Kasseler Stadtverordnetenversammlung einen Antrag verabschiedet, um diesem Zustand zukünftig Abhilfe zu verschaffen.
Der von der Stadtverordnetenversammlung verabschiedete gemeinsam von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD eingebrachte Antrag lautet:
„Der Magistrat der Stadt Kassel wird aufgefordert, alle neu aufgestellten Poller kontrastreich zu gestalten, so dass sie auch für seheingeschränkte Menschen gut erkennbar sind. Bei bereits aufgestellten Pollern ist zu prüfen, inwieweit diese Schritt für Schritt entsprechend umgestaltet werden können. Der Behindertenbeirat ist bei der Entscheidung über die genaue Ausgestaltung der Poller zu beteiligen.“
Link zur von der Kasseler Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Vorlage eines gemeinsamen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und SPD zur kontrastreichen Gestaltung von Pollern
Für die Initiatorin und Berichterstatterin zum gemeinsamen Antrag von Grünen und SPD, die im März diesen Jahres neu als Kasseler Stadtverordnete gewählte Maria Stafyllaraki, ist es der erste Antrag, den sie eingebracht und der von der Stadtverordnetenversammlung verabschiedet wurde. Dabei freut sich die Stadtverordnete, die selbst einen Rollstuhl nutzt, dass mit diesem nun verabschiedeten Antrag so schnell auf den von den Betroffenen sehr kreativ aufgezeigten Missstand reagiert werden kann. Sie hofft, dass der Beschluss nun auch möglichst schnell und kreativ von der Verwaltung umgesetzt wird und vor allem, dass die Initiative auch in anderen Städten Nachahmung findet.
„Unfälle passieren häufig, weil Hindernisse sich nicht kontrastreich vom Hintergrund abheben. Graue Poller auf Gehwegen werden dann zur Gefahr – insbesondere für Menschen mit Sehbehinderungen“, erklärte die selbst seheingeschränkte Birgit Schopmans vom Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab). Und Petra Willich von der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungsstelle des Verein Selbstbestimmt leben in Nordhessen weiß von vielen solcher Barrieren zu berichten, die behinderten Menschen die Teilhabe erschweren. Nun freuen sich die beiden Vereinsvertreterinnen darüber, dass das von den Betroffenen vorgetragene Anliegen so schnell von der Kasseler Stadtverordnetenversammlung aufgegriffen wurde und in einen entsprechenden Beschluss gemündet ist.
„Wir danken all denjenigen, die sich für unser Anliegen so schnell und so engagiert stark gemacht und damit gezeigt haben, dass Politik auch schnell reagieren kann. Wir hoffen, dass der Beschluss nun auch zügig umgesetzt wird“, betonten Birgit Schopmans und Petra Willich.
kobinet-nachrichten, 10.11.2021